DDR-Widerstandskämpfer Karsten Dümmel zu Gast an unserer Schule gegen Rassismus und für Courage
Am 22. November 2017 erzählte Karsten Dümmel im brechend vollen Theatersaal der GemS Brachenfeld von seiner Lebensgeschichte. Er war zum zweiten Mal an der Gemeinschaftsschule Neumünster-Brachenfeld und stand den Schülerinnen und Schülern des 10. Und 11. Jahrgangs unserer Schule im Theatersaal nach seinem Vortrag für zahlreiche Fragen und anschließende Gespräche zur Verfügung. Er erzählte aus seiner anhand seiner eigenen Biographie, was ihm in der ehemaligen DDR passiert war. Die Fachschaft Weltkunde, das Projekt Schule gegen Rassismus und für Zivilcourage und das Profil Wirtschaft / Politik hatten ihn an die GemS geholt. Begrüßt wurde der DDR-Widerstandskämpfer von Frau Boyens von der Schulleitung und Lehrer und Fachleiter Herr Klotzbücher, der die Veranstaltung mit Frau Vos maßgeblich organisiert hatte.
Dümmel ist derzeit in Bosnien-Herzegowina im gesellschaftspolitischen Bereich aktiv, zuvor war er im Senegal tätig. Im Vortrag sprach Dümmel über die Staatssicherheit, die Stasi, in der ehemaligen DDR. Der Geheimdienst der DDR überwachte Dümmel sein ganzes Leben lang, es wurde stapelweise Aktenmaterial über ihn gesammelt. Die Anderen, wie systemkritische Menschen oder nicht ideologiekonforme Menschen (z.B. Christen, Kriegsdienstverweigerer/Bausoldaten, Umwelt-aktivisten…), wurden erstmals von der Stast als andere Menschen festgelegt, total überwacht und bespitzelt. Ein flächendeckendes System an Beobachtern, auch aus dem engsten Bekanntenkreis von Dümmel, wurde geschaffen, um Andersdenkende wie Dümmel zu überwachen. In der christlichen Jugendbewegung und der Umweltbewegung aktiv, vor allem in der kirchlichen Jugendarbeit mit verschiedenen Arbeitskreisen von der Geraer Kirchengemeinde St. Lusan, wurde er als Systemgegner behandelt, musste in der Nachtreinigung von Zügen Zwangsarbeit ableisten. Er durfte kein Abitur machen und nicht studieren. Was hatte Dümmel gemacht? Er hatte christliche Jugendmusik in einer Punkband gemacht und diese spielte eigene Lieder, die von der Stasi als verbotene Musik eingestuft wurde. Davon spielte er den Schülerinnen und Schülern in seinem Vortrag immer wieder die von der Stasi verbotene Musik vor.
Dabei blieb es jedoch nicht. Die Stasi erfand dann ein System, wie es politische Gegner, die „Anderen“ fertig machen konnte: Zersetzung, das heißt Lügen über die Anderen verbreiten, psychologisch geschulte Menschen dachten sich Methoden aus, um einen Menschen systematisch zu zerstören. Im Anschluss daran stand Dümmel für die zahlreichen Fragen der Schülerinnen und Schüler zur Verfügung. Das Besondere daran ist sicherlich, so auch viele Schüler in der Diskussion, dass dies an seinem persönlichen Beispiel viel eindrücklicher wirkt. Er erzählt von Ereignissen, die für den Zuhörer und kritischen Betrachter des DDR-Systems unfassbar klingen, dass Menschen anderen Menschen solche Dinge antun konnten.
Verrat aus dem engsten Bekanntenkreis und Bespitzelung durch enge Freunde, das hat Dümmel erst erfahren, nachdem er in der Stasi-Unterlagenbehörde, der Gauck-Behörde und später der Birthler-Behörde, seine Stasi-Akten einsehen und durcharbeiten konnte. Es gab ein ausgeklügeltes System an verschiedenen Stasi-Akten und Beobachtungsvorgängen, wie Menschen professionell rund um die Uhr beobachtet wurde: In einer Kerblochkennkartei wurden alle Daten über Dümmel gesammelt, welche Religion, welche Hobbies, alles über seine Familie und intimste Details. Detaillierte Beobachtungsprotokolle, ordnerweise fand er, in denen peinlich genau festgeschrieben stand, wann er was gemacht hatte.
Diese Veranstaltung steht in einer Reihe der Zeitzeugengespräche, die an der GemS Brachenfeld lange Tradition im WiPo-Profil haben und seit Langem an der GemS Brachenfeld gemacht werden.