Neuer Runder Tisch: Wie SchĂĽler auf das schwierige Thema Berufswahl vorbereitet werden
Wie können wir unsere Schüler da hinführen, wo sie wirklich gut sind?“ Das haben sich die Lehrer Hendrik Roßmann, Nils Rohde und Ulf Eichler von der Gemeinschaftsschule Brachenfeld gefragt. Im Schulalltag beobachten sie und ihre Kollegen, wie orientierungslos Schüler auf ihre berufliche Zukunft blicken – ein Problem, das nicht nur Auswirkungen auf die Schüler hat, sondern auch auf die Betriebe. Vielerorts fehlen qualifizierte Bewerber. Lösungen sollen nun mit Hilfe eines Runden Tisches für Berufsorientierung gefunden werden. 50 Firmen aus Neumünster kamen jetzt zur Einstiegsveranstaltung, um im Austausch mit der Gemeinschaftsschule über mögliche Maßnahmen zu diskutieren.
50 Firmen kamen zur Einstiegsveranstaltung
Schülern werde bereits in jungen Jahren eine große Last auferlegt. „In ihren ersten 18 Lebensjahren sollen sie Entscheidungen treffen, die ihr ganzes Leben betreffen“, erklärte Hendrik Roßmann den geladenen Vertretern der Betriebe im Theatersaal der Gemeinschaftsschule Brachenfeld. Doch vielen fehle es dabei an Unterstützung. Zukunftsängste seien die Folge. Das Abitur und ein Studium würden daher häufig genutzt werden, um die Berufswahl auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. „Da kann man den Schülern keinen Vorwurf machen. Denn woher soll es kommen? Es ist die Aufgabe der Schule, die Schüler auf die Gesellschaft vorzubereiten“, stellte Roßmann klar.
Den Trend zum Studium spürt man auch in den Betrieben. „Viele wollen sich heute nicht mehr die Hände schmutzig machen“, beobachtet etwa Dennis Freese, Geschäftsleiter der Tischlerei Wendt. Tischler würde heute kaum noch jemand werden wollen. Stattdessen werde die Ausbildung als Sprungbrett für ein Studium genutzt.
Deshalb müsse die Berufsorientierung in der Schule besser werden und, anders als bisher, die Schüler ihre gesamte Schulzeit begleiten, findet Nils Rohde. Hierfür sollen Berufsorientierungs-Coaches, „BO-Coaches“ genannt, ausgebildet werden. Das können Lehrer, ältere Schüler oder Eltern sein, die jährlich mit allen Gemeinschaftsschülern ihre Stärken und Schwächen besprechen. Dieses Wissen soll ihnen eine Vorstellung geben, in welchem Bereich sie später einmal arbeiten könnten.
Ăśber Praktika, BetriebsfĂĽhrungen, eine schuleigene Jobmesse und andere unterrichtsbegleitende MaĂźnahmen soll das Thema immer wieder Teil des Schulalltags sein. Hier kommen auch die Betriebe ins Spiel, die ĂĽber einen Kooperationsvertrag enger mit der Schule zusammenarbeiten sollen.
Jan Widderich ist begeistert von dem Konzept. Er ist Ausbildungsleiter der Firma Danfoss in Neumünster. „Insbesondere die BO-Coaches haben mich überzeugt“, so Widderich. Zwar habe sein Betrieb keine Probleme, Auszubildende zu finden. Doch auch er beobachtet eine gewisse Orientierungs- und Motivationslosigkeit. „Wir brauchen Leute, die Lust auf Technik haben.“
Der Austausch war rege: Es wurde darüber diskutiert, wie Praktika sinnvoller gestaltet werden können und welche Anforderungen man an die Schüler stellen muss. Katja Gorzolka, Ausbildungsleiterin bei der Stadt Neumünster, berichtete: „Wir lassen unsere Praktikanten gerne irgendwo mitlaufen.“ Dort könnten sie viel mehr Aufgaben erledigen als im Büro.
Kooperation mit weiteren Firmen angestrebt
Diese Aktivierung der Schüler stehe im Mittelpunkt des neuen Berufsorientierungskonzepts der Gemeinschaftsschule Brachenfeld. Schülerin Lara Sophie Wolf meinte dazu: „Ich finde das gut, weil Schüler so auch einmal mit dem Thema konfrontiert werden.“ Ihre Freundin Emily Brundert ergänzte: „Ich hätte mir viel mehr Erfahrung gewünscht.“
Der Runde Tisch sei ein Schritt in die richtige Richtung. Hendrik Roßmann, Nils Rohde, Ulf Eichler und Schulleiter Thore Schwilp waren zufrieden mit der Veranstaltung. Roßmann: „Das war erst der Anfang. Wenn weitere Firmen interessiert sind, können sie sich gerne bei uns melden.“
Text: Alexandra von Fragstein